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Die „Judensau“-Darstellung ist nicht das einzige antijüdische Zeugnis an und in der Wittenberger Stadtkirche.

1548 stellte die Cranach-Werkstatt den Wittenberger Reformationsaltar fertig. Er befindet sich im Chorraum der Stadtkirche und versammelt verschiedene biblische Bilder und Motive. Die Mitteltafel zeigt das Abendmahl. Wie auf einigen anderen Altären auch, wird Judas, hier zur rechten Jesu, dabei als klassische Verräterfigur gezeichnet. Er ist mit  grimmigen Gesichtszügen ausgestattet, sein Geldbeutel, Ausdruck seines Verrats und seiner Gier, ist sichtbar nach außen gekehrt. Nicht zufällig trägt Judas einen gelben Mantel, durch den er zusätzlich als von der Gemeinschaft der Jünger separiert erscheint. Im ausgehenden Mittelalter stand die Farbe Gelb nicht nur für Neid, Missgunst und Gier, sondern war im europäischen Kontext auch mit diskriminierenden Kleiderordnungen gegenüber Jüdinnen und Juden assoziiert.

Auch der Text außen an der südlichen Traufe der Stadtkirche, gleich links neben dem Schmährelief, dürfte zur Zeit seiner Anbringung antijüdische Schlagseite besessen haben. Die lateinische Inschrift knüpft rhetorisch an die Beschreibung der sog. Tempeleinigung in Matthäus 21 an und parallelisiert diese mit Luthers Kampf gegen die damalige römisch-katholische Kirche. Vordergründig richtet sich die Aussage gegen „papistische Räuber“, nicht gegen Juden. Mit der Tempelreinigung war aber schon damals ein antijüdisches Bild- und Erzählprogramm verbunden. In Kombination mit dem versetzten Schmährelief scheint eine antijüdische Intention dementsprechend nahezuliegen.